Der ontologische Gottesbeweis – Was steckt dahinter?

Der ontologische Gottesbeweis ist einer der berühmtesten und zugleich umstrittensten Versuche, die Existenz Gottes allein aus dem Denken heraus zu begründen – also rein logisch, ganz ohne Beobachtung der Welt.

Ursprung: Anselm von Canterbury (11. Jahrhundert)

Anselm formulierte sein Argument so:

„Gott ist das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann.“

Er meinte: Wenn wir uns so ein höchstes Wesen vorstellen können, muss es existieren – denn ein Wesen, das nur im Kopf existiert, wäre weniger großartig als eines, das auch in der Wirklichkeit existiert. Und da Gott per Definition das größtmögliche Wesen ist, kann er nicht nur gedacht, sondern muss real sein.


Kritik am ontologischen Beweis

Obwohl das Argument elegant klingt, wurde es von vielen Philosophen heftig kritisiert – unter anderem von Immanuel Kant.

1. Existenz ist keine Eigenschaft

Kant wies darauf hin, dass man Existenz nicht einfach wie eine Eigenschaft („groß“, „gut“, „allmächtig“) hinzufügen kann. Ein gedachtes Wesen wird nicht „besser“, nur weil es auch real ist – denn Realität ist kein Merkmal, sondern ein Zustand.

Beispiel: Ein gedachtes Einhorn ist nicht „weniger perfekt“, nur weil es nicht existiert.


2. Man kann sich nichts herbeidenken

Nur weil man sich etwas „vollkommen“ oder „notwendig“ denkt, folgt daraus nicht, dass es existiert. Man könnte genauso sagen:

„Das perfekte Monster existiert – denn ein Monster, das nicht existiert, wäre ja nicht perfekt.“
→ Offensichtlich Unsinn.

Das zeigt: Man kann fast jedes Wesen so definieren, dass es angeblich existieren muss – was das Argument ad absurdum führt.


3. Der Gottesbegriff ist nicht so eindeutig, wie Anselm annahm

Der ontologische Beweis hängt davon ab, dass alle dieselbe Vorstellung von „Gott“ haben – nämlich ein allmächtiges, vollkommenes Wesen. Aber was ist „vollkommen“? Kann ein Wesen gleichzeitig allmächtig und vollkommen gut sein – obwohl es Leid zulässt?

Sobald man diesen Begriff in Frage stellt, verliert auch der Beweis seine Grundlage.


Fazit

Der ontologische Gottesbeweis versucht, Gott aus der Definition heraus logisch zu beweisen – ganz ohne die Welt zu betrachten. Doch genau darin liegt seine Schwäche: Er bleibt ein Gedankenspiel, ohne jede Verbindung zur Realität.

Die meisten Philosophen – auch viele gläubige – halten ihn für nicht überzeugend. Er zeigt vor allem eines: Dass man mit Logik zwar vieles denken, aber nicht alles beweisen kann.

Wer überzeugt ist, braucht ihn nicht.
Wer zweifelt, wird durch ihn nicht überzeugt.


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